Käse und Schokolade haben mehr gemeinsam, als man denkt. Über eine Symbiose, die dem Gast neue Geschmackswelten eröffnet.
Seine gebackene Schokoladenpraline sei am Festival del Formaggio in Sand in Taufers bereits ein Klassiker, erzählt Benjamin Sellemond. Der junge Konditormeister und Maître Chocolatier aus Feldthurns in Südtirol greift dafür zur Zartbitterkuvertüre von Felchlin und füllt die Praline mit Graukäse von Hansi Baumgartner, einem ehemaligen Sternekoch, der heute mit seiner Fromagerie Degust in Vahrn bei Brixen als Käseaffineur hohes Ansehen genießt.
„Graukäse und Zartbitterschokolade haben starke Aromen, harmonieren aber wunderbar – auch in Kombination mit karamellisierter Zwiebel oder Dörrpflaumen“, so Sellemond, der immer häufiger vor allem junge Köch:innen beobachtet, die sich dem Thema annehmen, allen voran Luca Wille, Küchenchef im Hotel Bergblick in Fiss in Tirol. „Käse ist sehr vielseitig, besonders wenn er sich schmelzen lässt. Man kann ihn für Petits Fours, Pralinen oder Mousse verwenden. Da man in der klassischen Ausbildung jedoch nicht lernt, wie man Käse weiterverarbeitet, lassen viele die Finger davon.“
Carina Trafoier betreibt als „Tafelkuratorin“ einen Onlineversand für Bean-to-bar-Schokoladen und ist regelmäßig Gastgeberin von Schokoladenverkostungen. Dass Käse und Schokolade am Gaumen harmonieren, führt sie auf den Fettgehalt der beiden Zutaten und ihre griffige Textur zurück: „Beide Lebensmittel legen den Mund schön aus und brauchen Zeit, um sich am Gaumen zu entwickeln.“
Mit dem Thema erstmals in Berührung gekommen ist sie durch eine Schokoladentafel mit toskanischem Pecorino-Käse der Brüsseler Manufaktur Mike & Becky. „Das war mein Aha-Erlebnis. Danach sind mir unzählige Kombinationsmöglichkeiten eingefallen: dunkle Schokolade zu Blauschimmelkäse, Milchschokolade zu nussigem Weichkäse, Durianfrucht-Schokolade zu Bergkäse.“
Wie bei jedem Food-Pairing könne man mit ähnlichen, aber auch mit gegensätzlichen Geschmacksprofilen arbeiten, also beispielsweise eine buttrige, französische Schokolade mit einem cremigen Käse kombinieren oder eine sehr dunkle, herbe Schokolade mit einem süßlichen Käse. Besonders beeindruckt hat Trafoier dunkle Schokolade zu einem älteren Comté. Durch die kristalline, salzige Komponente des Käses erinnert die Kombination an Salzkaramell.
Nuarts Schwarzes Schaf, ein in Holzasche gereifter Schaffrischkäse nach französischem Vorbild, passt zu Milchschokolade mit hohem Kakaoanteil, die 66-prozentige Schokolade Sourdough & Sea Salt mit Brotkrümel der englischen Manufaktur Pump Street zum Camembert Bianca von Jumi. Letzteres nennt Trafoier Frühstücksbrot. „Mit einer 100%igen Tafel wird man sich schwer tun, weil sie am Gaumen unflexibel und oft pappig ist. Ein ganz mürber oder gummiartiger Käse funktioniert auch nicht besonders gut.
Ansonsten kann man sich austoben, vor allem, wenn man nicht nur von reinsortigen Käsen und Schokoladen ausgeht, sondern zusätzliche Komponenten ins Spiel kommen, wie bei dunkler Schokolade mit eingearbeiteten Früchten oder affiniertem Käse.“
Jan Eggers, Küchenchef in der Goldenen Birn in Graz Schokolade Yuna kombiniert er mit Ziegenkäse, Heu und Weizengras. „Das Heu sorgt dafür, dass der Ziegenkäse nicht zu intensiv wird, während die weiße Schokolade Süße bringt, sodass man deutlich weniger Zucker verwenden muss. Das Weizengras hat eine erfrischende Säure, die dem Ganzen eine gewisse Leichtigkeit verleiht.“
Brunost, ein norwegischer Käse mit feiner Karamellnote, harmoniere mit verschiedenen Schokoladen, besonders aber mit Beni Wild 66%, Piura 75% und Esmeralder 42%, und lasse sich als Creme unter anderem zu einem klassischen Brownie mit Vanilleeis kombinieren. Geschmorte, süße Birnen, zusammen mit einer Blauschimmel-Crème „oder einfach nur darüber gestreut“, passen perfekt zu einer Wasser-Ganache aus Beni Wild 66%. „Jede Kakaobohne erzählt ihre eigene Geschichte – ebenso wie jeder Käse. Bei Schokolade geht es um Fruchtigkeit, Säure, Schärfe, florale Noten und eine dezente Süße. Beim Käse stehen mineralische, nussige, rauchige, scharfe und süße Aromen im Vordergrund. Beide starken Geschmacksrichtungen ergänzen sich wunderbar und machen das Zusammenspiel von Käse und Schokolade so einzigartig.“
Im 2-Sterne-Restaurant Ocean im Vila Vita Parc Resort & Spa in Porches in Portugal hat Chef Patissière Celestina Bengui ein Dessert aus Ziegenkäse, fermentierter Paprika und Mandelblüten kreiert. Wichtig sei für sie die Balance: „Umami, Säure, Salzigkeit – es braucht von allem ein bisschen. Was ich an Käse gut finde, ist, dass er so fettig ist. Fast wie ein Butterersatz. Dazu die Säure aus Früchten und etwas Süßes.“
Bei Schokolade greift sie zu Barry Callebaut („Gerade die weiße Schokolade ist weniger süß als von anderen Anbietern.“), beim Käse bevorzugt zu Ziegenkäse, Gouda und aufgrund seiner fruchtigen bis nussigen Aromen zu Comté. „Da der Käse so reichhaltig und salzig ist, geht er gut mit dunkler Schokolade zusammen. Parmesan geht auch, zum Beispiel als Cracker.“
Auch Luise Grottenthaler, Patissière im Sylter 2-Sterne-Restaurant Söl’ring Hof, setzt auf Ziegenfrischkäse – in dem Fall vom Bayrischen Ziegenhof Peters Glück – und kombiniert ihn im Dessert mit Honig und Rose oder als Mousse mit weißer Luftschokolade, eingelegtem Rhabarber, Johannisbeerblütensorbet und verschiedenen Frühlingskräutern sowie als Petit Four mit karamellisierter Landmilch und Zwetschke. „Ziegenfrischkäse lässt sich gut verarbeiten, die Konsistenz erinnert an Quark. Er kann sehr intensiv sein, man kann ihn aber auch fein spielen lassen, wie eine Art Gewürz, das für das Gericht notwendig ist, aber nicht im Vordergrund steht.“
Blauschimmelkäse mit dunkler Schokolade habe sie für sich selbst ausprobiert, „aber im Restaurant muss man schon die richtigen Gäste vor sich haben, die experimentierfreudig sind und Blauschimmelkäse mögen.“ Dass Käse und Schokolade harmonieren, steht für Grottenthaler außer Frage: „Käse wird am Schluss des Menüs serviert, warum dann nicht im Dessert?“
Tafelkuratorin Carina Trafoier äußert diesbezüglich einen Wunsch an die gehobene Gastronomie: „So wie es Cheese Flights oder die Käseplatte gibt, sollte es auch Chocolate Flights oder die Schokoplatte geben. Fünf hochqualitative, beeindruckende Schokoladen für Gäste, die zu satt sind, um noch ein Dessert zu bestellen, aber dennoch etwas Süßes möchten.“
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