„Wir versuchen in diesen immer hektischer werdenden Zeiten, so gut es geht, das Erleben und Genießen von Tee mit allen Sinnen unseren Gästen zu vermitteln.“
Ayumi Kondo
Matcha ist mehr als ein Trend – es ist eine Lebenshaltung. Während weltweit Matcha Lattes in aller Munde sind, war Wien laut Ayumi Kondo seiner Zeit sogar voraus. Seit fast zwei Jahrzehnten vermittelt sie in ihrem Teehaus Cha no Ma die Feinheiten echter japanischer Teekultur – jenseits von Superfood-Klischees und grünen Insta-Drinks. Im Interview erklärt sie, warum Matcha auch in der heimischen Gastronomie mehr als nur Deko auf Dessert sein sollte, was guter Matcha wirklich können muss und wie Kirschblüten und Umami Österreichs Speisekarten bereichern könnten.
ALEXANDRA GORSCHE: Matcha ist weltweit im Trend – wie nehmen Sie die Entwicklung in Österreich wahr?
AYUMI KONDO: Mein Teegeschäft, Cha no Ma, wurde im Mai 2006 eröffnet. Damals kannte kaum jemand Matcha. Die Leute liefen weg, wenn wir ihnen gratis Kostproben anbieten wollten. Die Bekanntheit hat dann seit ca. 2010 zugenommen, unter anderem auch weil die Zahl der sich vegan ernährenden Personen zunahm und Matcha als Superfood für vegane Ernährung gepriesen wurde. Er enthält unter anderem viel Eisen - oft ein Mangel bei veganer Ernährung. Anfang der 2010er Jahre haben wir dann festgestellt, dass Matcha in Wien mehr im Trend war als z. B. in Berlin, London oder Paris.
Wo sehen Sie das größte Potenzial für Matcha in der heimischen Gastronomie?
Hauptsächlich als Zusatz für Süßspeisen.
Viele Menschen verbinden Matcha mit gesundem Genuss. Ist das auch Ihr Ansatz oder geht es für Sie primär um die Tradition?
Meine persönliche Erfahrung war immer zuerst gesunder Genuss und danach erst Tradition. Mein Onkel war Biologe in Japan und er lehrte mir bereits in meiner Kindheit wie gut Matcha schmeckt und zudem unglaublich gesund ist. Er praktizierte Sadō, die japanische Teezeremonie, aber sie war ihm oft zu aufwendig. Um den köstlichen und gesunden Tee in kurzer Zeit genießen zu können, bereitete er sich immer Matcha fast wie einen Instantkaffee zu und lud mich oft dazu ein mit ihm Tee zu trinken. Als kleines Kind freute ich mich aber mehr auf die Süßigkeiten, die er beim Teetrinken kredenzte.
Sie haben mit dem veganen Matcha-Krapfen eine spannende Fusion geschaffen. Wie kam es zu dieser Idee?
Matcha ist der leicht bittere Kontrast zu der Süße der Mehlspeisen. Zudem ist die leuchtend grüne Farbe unglaublich spannend. Ich denke, grün und süß gab‘s immer nur als Pistazieneis. Das Grün von Matcha ist aber tiefgründiger.
Gibt es besondere Herausforderungen, wenn man traditionelle japanische Zutaten in österreichische Rezepte integriert?
Ja und nein. Das Verständnis von Umami-Noten der japanischen Gewürze und Saucen könnte man sehr wohl vermehrt in der hiesigen Küche zum Einsatz bringen. Dieses Verständnis gibt es aber bereits bei den höher klassigen Restaurants in Österreich. Vor allem in Frankreich und Großbritannien boomen japanische Ingredenzien, wo die Gewürze und manche Zutaten als natürliche „Geschmacksverstärker“ genutzt werden, wie z. B. Sojasaucen, Miso, Kombualgen, Shiitake-Pilze, Sake (Reiswein) und Mirin (süßer Kochreiswein).
Gerade bei Sojasaucen und Miso gibt es unendlich viele Variationen, die man unterschiedlich einsetzen kann. Übrigens wurde gerade im letzten Jahr Sake, Mirin und weitere japanische Alkoholika, die mit Hilfe von Kōji-Edelschimmel fermentiert werden, in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Kōji, das auch zur Herstellung von Sojasauce und Miso verwendet wird, ist ein ultimativer Umami-Booster.
In Japan ist Tee mehr als nur ein Getränk – es ist ein Lebenskonzept. Wie bringen Sie dieses Verständnis den Menschen hier näher?
Hier ist es traurigerweise so, dass Tee in Japan leider sehr an seinem Wert in den letzten zwei Jahrzehnten eingebüßt hat. Das „Lebenskonzept Tee“ ist zu einer absoluten Selbstverständlichkeit geworden, den man kaum noch wahrnimmt. Sencha-Grüntee wird meist nur mehr in PET Flaschen in Supermärkten und Getränke-Automaten als Fertiggetränk gekauft, die aus drittklassigen Teeblätter hergestellt werden. Ganz viele japanische Haushalte haben auch keine Kyūsu-Teekannen (einstielige Teekannen) mehr, in der man traditionellerweise Sencha Blatttees zubereitet. Matcha kennt man in Japan mehr als Zusatz von Matcha Latte, Eis und Schokolade. Mittlerweile empfinde ich es so, dass die westlichen Länder viel mehr Verständnis für die Qualität und Wertigkeit von japanischen Sencha-Blatttee und Matcha haben.
Welche Missverständnisse gibt es in Österreich noch rund um Matcha oder japanischen Tee allgemein?
Grüner Tee wird noch immer als bitteres Getränk wahrgenommen. Hier ist die Qualität ausschlaggebend. Je höherklassiger desto milder und sanfter wird der Geschmack. Auch kommen bei diesen Tees Umami-Noten zur Geltung. Außerdem gibt einen großen Unterschied zwischen Grüntee aus Japan und China. In Japan werden die Teeblätter gleich nach der Ernte mit heißem Wasserdampf erhitzt, um die Enzyme in den Blättern zu eliminieren, die für die Oxidation der Blätter verantwortlich sind. Die tiefgrüne Farbe und frischen grasigen Noten bleiben so erhalten. In China hingegen werden die Blätter durch Röstverfahren erhitzt, dadurch haben diese Grüntees leichte Röstaromen und die Farbe in der Tasse ist gelblicher. Lässt man die Blätter nach der Ernte unbehandelt, welken die Blätter und es entsteht letztendlich ein Schwarztee. Egal ob als Pulver oder Blätter, Tee oxidiert schneller als Grüntee. Deshalb sollte man ihn immer vor Wärme, Licht und Gerüchen schützen. Gerade Gerüche nimmt er auf wie ein Schwamm.
In Ihrem Teehaus geht es auch um das sinnliche Erleben von Tee. Was macht eine authentische Matcha-Zubereitung aus?
Wir versuchen in diesen immer hektischer werdenden Zeiten, so gut es geht, das Erleben und Genießen von Tee mit allen Sinnen unseren Gästen zu vermitteln. Wenn ich einen klassichen Matcha für den Gast zubereite, d.h. das Verquirlen von Matcha und Wasser, ein kleiner Moment von Ruhe, vor allem wenn dann die frischen, grasigen Aromen vom Tee in die Nase steigen.
Matcha wird immer beliebter, aber nicht jeder Matcha ist hochwertig. Woran erkennt man wirklich guten Matcha?
An der Farbe und am Geschmack. Je reiner und klarer das Grün, ohne Gelbstich, und zudem weniger bitter der Geschmack ist, verbunden mit einer leichten Umami-Süße, desto besser ist die Qualität. Er kostet aber auch entsprechend mehr. Günstige Matcha sind nicht kostengünstig produzierte Ware. Sie sind einfach billige Produkte, die meist nicht aus Japan stammen. Aber auch dort gibt es billigen Matcha, die von der dritten bzw. vierten Pflückung sind und kaum noch die wichtigen Nährstoffe beinhalten und bitter schmecken.
In Zeiten von Nachhaltigkeit und bewusster Ernährung: Welche Rolle spielt das Thema Herkunft und Qualität für Sie?
Vor allem qualitativ hochwertiger Tee wird in Japan sehr nachhaltig angebaut. D.h. das keine chemischen sondern nur traditionell, natürliche Düngemittel verwendet werden, die oft über Generationen tradiert wurden. Nur so kann die Erde gesund bleiben und die wichtigen Pflanzenstoffe den Teeblättern weitergeben.
Gibt es japanische Produzenten oder Bauern, mit denen Sie besonders gerne zusammenarbeiten?
Ja. All diese Produkte führen wir im Cha no Ma. Und wir lernen auch immer wieder neue großartige Hersteller kennen, die wir dann versuchen in unser Sortiment aufzunehmen.
Wie sehen Sie die Zukunft von Matcha in der österreichischen Gastronomie? Wird er eine Nische bleiben oder noch breiter akzeptiert werden?
Ich hoffe, dass Matcha in der hiesigen Gastronomie eine breitere Akzeptanz findet. Tatsächlich ist Matcha hier in Wien längst kein Nischenprodukt mehr – selbst große Bäckereiketten führen Matcha Latte auf ihrer Karte. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, hochwertigen, authentischen Matcha aus Japan bekannter zu machen. Die weltweite Nachfrage ist enorm gestiegen, sodass wir in unserer Firma neue Dimensionen erleben. So müssen wir inzwischen verbindliche Jahresverträge eingehen, um unsere gewünschte Menge an Matcha aus Japan zu sichern. Er wird zur Rarität, doch dank unserer langjährigen Beziehungen zu Produzenten und Teebauern erhalten wir derzeit noch unsere gewünschten Mengen.
Gibt es neue Produkte oder Kreationen mit Matcha, an denen Sie gerade arbeiten?
Ja. Ab Anfang April wollen wir Kreationen mit Matcha und Sakura-Kirschblüten anbieten. Sowohl als Getränk als auch Süßspeise, z.B. Sakura Daifuku Mochi. Des Weiteren hoffe ich den Kund:innen bald Tee aus der Präfektur Shiga anbieten zu können. Ōmi-Cha (Ōmi ist die alte Bezeichnung der Präfektur) war eine der ersten Grüntees, die überhaupt in Japan angebaut wurden. Die gebirgige Landschaft, wo im Winter auch noch viel Schnee fällt, verleiht dem Tee eine unverkennbare kräftige Note, die ich bisher in dieser Art noch nicht erlebt habe.
Was würden Sie einem/einer Gastronom:in, der/die Matcha in sein Programm aufnehmen möchte, raten?
Unbedingt gute Qualität zu kaufen, auch wenn er teurer sein sollte. Es zahlt sich aus.
Je reiner und klarer das Grün, ohne Gelbstich, und zudem weniger bitter der Geschmack ist, verbunden mit einer leichten Umami-Süße, desto besser ist die Qualität von Matcha.
Je reiner und klarer das Grün, ohne Gelbstich, und zudem weniger bitter der Geschmack ist, verbunden mit einer leichten Umami-Süße, desto besser ist die Qualität von Matcha.
Stillstand gibt es im Naturhotel Forsthofgut nicht. Das familiengeführte Hotel in Leogang setzt auf kontinuierliche Weiterentwicklung – mit neuen Wohlfühlräumen und Wellbeing- und Health-Konzepten. Ab Mai 2025 wird das 5.700 Quadratmeter große Waldspa um einen eigenen Health-Bereich erweitert. Im Juni 2025 folgen neue Rückzugsorte: Die neugestalteten Suiten im Waldhaus sowie drei neue Luxus-Familiensuiten – die Berg Loft Suiten. Christoph und Christina Schmuck sprechen im Interview über ihre Visionen, neue Konzepte und Inspirationsquellen.
Was passiert, wenn Gemüsewurzeln, Meeresfisch und fermentierte Birne auf Kräuterkunst und Kombucha treffen? Im Interview sprechen Johann Schmuck und Maximilian Grandtner über die Philosophie hinter dem Terra, Signature Dishes mit Saibling und Selleriewurzel, kreative No-Alk-Pairings – und warum echter Genuss manchmal einfach nur ein Schnitzel sein darf. Eine Reise unter die Oberfläche – im wahrsten Sinne des Wortes.
Was passiert, wenn alpine Tradition auf italienische Leichtigkeit trifft? Max Sampl, Küchenchef der Blauen Gans in Salzburg, verbindet in seiner „Cucina Transalpina“ Regionalität mit Innovation. Erfahre im Interview, wie seine Kindheit in den Bergen, alte Zubereitungsmethoden und sein Weg durch Spitzenküchen seine Kochkunst prägen – und warum Nachhaltigkeit für ihn weit mehr als nur ein Trend ist.
Matcha ist mehr als ein Trend – es ist eine Lebenshaltung. Während weltweit Matcha Lattes in aller Munde sind, war Wien laut Ayumi Kondo seiner Zeit sogar voraus. Seit fast zwei Jahrzehnten vermittelt sie in ihrem Teehaus Cha no Ma die Feinheiten echter japanischer Teekultur – jenseits von Superfood-Klischees und grünen Insta-Drinks. Im Interview erklärt sie, warum Matcha auch in der heimischen Gastronomie mehr als nur Deko auf Dessert sein sollte, was guter Matcha wirklich können muss und wie Kirschblüten und Umami Österreichs Speisekarten bereichern könnten.