Mehr als schöner Schein

Warum Kunst der neue USP für Hotels und Restaurants ist
© Jürgen Ihle / Pixabay
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Alexandra Gorsche © Conny Leitgeb Photography
13. August 2025 | 
Alexandra Gorsche

Vergiss Lobby-Blumen und Wanddeko von der Stange. Hotels und Gastronomie entdecken Kunst neu – nicht als Dekoration, sondern als Erlebnis, das bleibt. Von Täuschungseffekten in Palermo bis zu Kochkunst auf Leinwand: Wer jetzt nicht kuratiert, verliert.

Zwischen Tasting und Täuschung

Gäste wollen heute mehr als Service – sie wollen Emotion. Erlebnis. Bedeutung. Und genau hier kommt Kunst ins Spiel. Kunst wird in der Hospitality zunehmend zum Differenzierungsmerkmal. Sie verwandelt Orte in Bühnen, Rezeptionen in Galerien, Restaurants in Dialogräume. Aktuelle Projekte zeigen eindrucksvoll, wie sich Hotels und Gastronomiebetriebe durch kuratierte Kunst nicht nur abheben, sondern buchstäblich Gesprächsstoff schaffen – mit Nachhall.

Wenn Design perlt und Beats erfrischen: Gasteiner & Parov Stelar

Dass Kunst auch auf Dosen knallen kann, zeigt die neue „Vintage Art Edition“ von Gasteiner in Zusammenarbeit mit Parov Stelar. Der international gefeierte Electro-Swing-Künstler, der ebenso als Maler und Designer brilliert, hat die limitierte Holunder-Limette-Edition nicht nur musikalisch, sondern visuell in Szene gesetzt. Das Ergebnis: ein erfrischendes Produkt, das sich wie ein Festival anfühlt – für alle Sinne. Die Gestaltung der 330ml-Dose trägt Parov Stelars Handschrift, sein Song „Pink Electric Shoes“ liefert den akustischen Rahmen, die Rezeptur bleibt wie gewohnt 100 % natürlich – ohne Zuckerzusatz, ohne Konzentrat.

Für Gastronom:innen und Hoteliers/Hotelières ergibt sich daraus mehr als nur ein Trendprodukt: Die Art Edition ist ein stilvolles Lifestyle-Statement für Bars, Minibars und Welcome-Drinks – und ein Paradebeispiel, wie sich Kunst, Design und Kulinarik in einem Format vereinen lassen, das ebenso impulsstark wie inszenierungsfähig ist. Wer heute Dosen kuratiert, schafft morgen Gesprächsstoff.

Illusion trifft Identität – die Ausstellung in der Villa Igiea: Palermo

„Was wir sehen, ist nicht, was es ist, sondern was wir sind.“ Mit diesem Satz haben die Künstler Bertozzi & Casoni und Kurator Raffaele Quattrone in der Villa Igiea von Rocco Forte Hotels eine Ausstellung kuratiert, die Gäste tief unter die Oberfläche führt. Violinenschalen mit Schnitten erinnern an Fontanas radikale Leinwände – und erzeugen einen Klang, der nicht hörbar, sondern fühlbar ist. Vasenobjekte, inspiriert von Morandi und Van Gogh, fordern die Wahrnehmung durch Abstraktion heraus.

Und genau hier liegt der Clou: Die Kunstwerke interagieren mit dem historischen Hotel selbst. Gäste werden nicht nur Zuschauer, sondern Teil der Inszenierung. Der Ort wird zum Verstärker innerer Reisen – und somit zum Spiegelbild der Ausstellung.

Was das für Gastgeber:innen bedeutet: Die Ausstellung beweist, dass Hotels keine sterile Galerie brauchen, um Kunst wirkungsvoll zu platzieren. Vielmehr verschmilzt die Kunst mit dem Ort, sie wird erlebbar und integriert. Das erzeugt Gespräch, Stimmung – und Social Media Content mit Tiefgang.

Drei Sterne auf dem Teller, Pinsel in der Hand: Amador

Kaum jemand wusste: Juan Amador, einer der renommiertesten Köche Europas, ist auch Künstler. Unter dem Alias Rodama zeigte er in der Wiener Nitsch Foundation seine erste große Einzelausstellung. Titel: „Convergence“.

Die Werke? Großformatig, farbgewaltig, abstrakt. Die Botschaft? Reduktion, Intensität, Emotion. Die Parallelen zu seiner Küche sind unübersehbar. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Kochkunst und bildender Kunst – beide durchdrungen von Präzision und Leidenschaft.

Für Gastronom:innen ergibt sich daraus eine spannende Frage: Warum nicht selbst Kunstplattform werden? Warum nicht Köch:innen, Sommeliers/Sommelières oder Gastgeber:innen auch jenseits des Tellers sichtbar machen? Authentizität ist der neue Luxus – gerade im künstlerischen Ausdruck.

Bierkunst mit Soundtrack: Trumer & Brauton

Kunst ist nicht nur visuell. Auch in der Brauszene wird sie multisensorisch gedacht: Trumer & Brauton haben mit der Band Bon Jour ein French Saison gebraut, das so klingt wie deren Musik. Kunst trifft Hopfen – ein Erlebnis, das von der Flasche bis zur Playlist reicht.

Hier zeigt sich: Inszenierung wird zum Konsumerlebnis. Gastronom:innen können durch kreative Kooperationen nicht nur neue Zielgruppen erschließen, sondern Produkte mit kulturellem Kontext aufladen – und so echte Begehrlichkeit erzeugen.

Glaskunst die Geschichte erzählt – Hotel Oswald als Bühne

Das Landromantik Hotel Oswald geht noch einen Schritt weiter: Es erzählt regionale Geschichte – durch Glas. Die hauseigene Bar glänzt mit seltenen Poschinger-Gläsern, das ganze Haus wird zur Bühne für lokale Glaskunst-Tradition.

Ergänzt durch Kooperationen mit Glashütten, Mitmach-Erlebnisse und edles Design entsteht ein Storytelling, das sich nicht kopieren lässt. Glas wird hier zum emotionalen Medium – und das Hotel zum kulturvermittelnden Gastgeber.

Kunst als Haltung: The Knast

Wer denkt, Kunst sei elitär oder leise, wird in The Knast Berlin eines Besseren belehrt: Aus einem ehemaligen Frauengefängnis wurde ein Kultur- und Gastrohotspot. Ausstellungen von LGBTQIA+-Künstler:innen, Burlesque, Shibari-Performances und eine Adults-Only-Philosophie machen The Knast zu einem Safe Space – und zu einem pulsierenden Gesamtkunstwerk.

Fazit: Wer Kunst wagt, gewinnt. Gäste wollen Haltung, nicht nur Stil. Und Kunst vermittelt genau das – ob provokant, poetisch oder partizipativ.

Unser Fazit für die Zukunft

Kunst ist keine Zutat, sie ist das neue Menü. Für Hotels und Gastronom:innen bedeutet das: Erlebnis schlägt Ausstattung: Kunst verankert Emotion – und macht Räume erinnerbar.

  • Kooperation statt Deko: Arbeiten mit Künstler:innen schafft Relevanz und Storytelling.
  • Authentizität first: Wer sich selbst oder das Regionale in Szene setzt, gewinnt.
  • Mut zur Haltung: Kunst darf fordern, irritieren, provozieren. Genau das bleibt.

Unsere Empfehlung: Wer heute inszeniert, inspiriert morgen. Nutzt eure Häuser als Bühne, eure Gastgeber:innen als Erzähler:innen – und verwandelt euren Betrieb in ein lebendiges Kunstwerk.

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