„Französische Küche ist heute wieder topaktuell – sie wird nur anders interpretiert.“
Thijs Vervloet, Maison Colette
In einem ehemaligen Ärztehaus im belgischen Westerlo wird Kochkunst zur Erinnerungskultur. Mit seinem Maison Colette, benannt nach seiner Großmutter, führt Thijs Vervloet eine Zwei-Sterne-Küche, die französisch-belgische Tradition mit feiner Moderne verbindet. Im Juni 2025 gastierte der „Meister der Zutat“ im Salzburger Restaurant Ikarus – und sprach mit Genusspunkt über Identität, Leadership und die Zukunft der Gastronomie.
ALEXANDRA GORSCHE: Dein Restaurant ist eine Hommage an deine Großmutter. Wie kam es dazu?
THIJS VERVLOET: Meine Großmutter hieß Colette – sie hat mich schon als kleines Kind mit in die Küche genommen. Wir haben zusammen gebacken, gekocht, gesalzen, abgeschmeckt. Da war es für mich klar, dass das Restaurant ihren Namen tragen soll. Und es liegt nicht in einem klassischen Haus, sondern in einem alten Ärztehaus. Heute ist daraus das Maison Colette entstanden – mit einem Chef’s Table, fünf Zimmern, Salon Anna als Private Dining Room, Terrasse, Garten … ein wirklich einzigartiger Ort.
Dein Signature Dish ist eine Hommage an eure Tochter. Was steckt dahinter?
Das ist unsere „Rosalie“ – ein Gericht mit vier Zubereitungen von Kaisergranat: als Raviolo, gebraten, frittiert und als Carpaccio. Vier Texturen, vier Geschmacksrichtungen, ein Produkt. Das ist unsere Handschrift.
Wie würdest du die französisch-belgische Küche heute beschreiben?
Sie kehrt zurück zum Ursprung: Fokus auf das Produkt, klassische Techniken, ehrliches Handwerk. A-la-carte-Angebote erleben ein Comeback. Ich glaube, genau das wird die belgisch-französische Gastronomie der nächsten 20 Jahre prägen.
Ihr bietet im Maison Colette nicht nur ein Degustationsmenü an, sondern auch ein schnelles Lunchmenü. Ein Weg, um Fine Dining jünger zu machen?
Absolut – es geht um Flexibilität. Viele Gäste haben wenig Zeit, etwa wegen eines Business-Termins. Für sie ist ein Marktmenü mit vier Gängen ideal. Man kann auch einfach eine Vorspeise und ein Hauptgericht wählen, dazu ein Glas Wein oder alkoholfrei. Unser Ziel ist es, Genuss zugänglich zu machen – ohne Kompromisse bei der Qualität.
Was ist ein weitverbreiteter Irrglaube über die französische Küche?
Dass sie zu schwer sei – mit zu viel Butter, zu viel Sahne. Klar arbeiten wir damit, aber wir machen es leichter. Mit Limettensaft, mit modernerem Anrichten, mit Balance. Französische Küche ist heute wieder topaktuell – sie wird nur anders interpretiert.
Du bist nicht nur Koch, sondern auch Teamleader. Was macht gute Führung aus?
Zuhören. Kommunizieren. Wertschätzen. Wir reden viel im Team, und ich bin sehr dankbar für alle, die jeden Tag da sind. Gerade in Zeiten von Personalmangel ist das keine Selbstverständlichkeit. Als Führungskraft ist es deine Aufgabe, die Menschen zu motivieren – und gemeinsam zu wachsen.
Welche Lehre hast du aus deiner Zeit bei Joël Robuchon mitgenommen?
Robuchon war ein Meister – bei der Produktqualität, bei der Präzision, beim Handwerk. Genau diese Philosophie tragen wir auch weiter: Den Fokus nicht verlieren, das Fundament respektieren. Junge Köche sollten die Basis nicht vergessen. Wer das Handwerk versteht, kann es weitergeben.
Was rätst du jungen Köch:innen, die in die Spitzenküche wollen?
Nicht zu schnell aufgeben. Selbstvertrauen entwickeln. Disziplin zeigen. Und vor allem: von älteren Köchen lernen, sich Wissen aneignen – den eigenen Rucksack füllen. Viele wollen heute zu schnell zu viel. Aber ein gutes Fundament braucht Zeit.
Ein oft unterschätzter Aspekt von Fine Dining ist die Einfachheit. Wie siehst du das?
Weniger ist mehr. Es ist eine Kunst, etwas wegzulassen. Simplicity is not simple. Oder wie wir sagen: Dans la simplicité, on se reconnaît le maître – in der Einfachheit erkennt man den Meister. Und am Ende geht es darum, gemeinsam Erinnerungen zu schaffen.
Als Führungskraft ist es deine Aufgabe, die Menschen zu motivieren – und gemeinsam zu wachsen.
Als Führungskraft ist es deine Aufgabe, die Menschen zu motivieren – und gemeinsam zu wachsen.
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